3. Mai 2024
Lobbyregister Interessenvertretung
Compliance

Reform des Lobbyregisters: Unternehmen müssen ihre Einträge überprüfen 

Die weitreichenden Änderungen im Lobbyregister sollen für mehr Transparenz sorgen – und zwingen Unternehmen zu einem baldigen Tätigwerden.

Die Einführung des Lobbyregisters durch das Lobbyregistergesetz (LobbyRG vom 16. April 2021), sollte Transparenz im Miteinander von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft schaffen, um illegitime Formen der Interessenvertretung oder gar Fälle von Korruption nachvollziehbar zu machen und damit sogleich zu erschweren sowie das Bewusstsein der Öffentlichkeit schärfen.

Nunmehr hat der Gesetzgeber mit dem am 1. März 2024 in Kraft getretenen Änderungsgesetz weitreichende Neuerungen beschlossen, um die Aussagekraft der bisherigen Eintragungen zu stärken und den Anwendungsbereich maßvoll zu erweitern. Diese ziehen eine bußgeldbewehrte Pflicht zum Tätigwerden bis zum 30. Juni 2024 nach sich (Migrationspflicht). Die Verletzung entsprechender Mitteilungspflichten wird nach allgemeinen ordnungswidrigkeitenrechtlichen Grundsätzen den betreffenden Organisationen bzw. Unternehmen zugerechnet.

Zusätzliche Angaben zu den im Bereich der Interessenvertretung tätig werdenden Personen

Neuerdings ist bei jeder vertretungsberechtigten Person anzugeben, ob diese die Interessenvertretung unmittelbar ausübt, also persönlich (mündlich oder schriftlich) Kontakt mit den Adressaten in Bundestag oder Bundesregierung aufnimmt, um ihre Rolle für die jeweilige juristische Person, Personengesellschaft oder sonstige Organisation im Register transparent abzubilden. Hierzu gehören auch Maßnahmen der allgemeinen Klimapflege.

Zusätzlich sind künftig auch diejenigen Personen aus dem Verantwortungsbereich der registrierten Organisation anzugeben, die mit deren Wissen und Wollen unmittelbar und nicht nur bei Gelegenheit für sie auftreten und die Interessenvertretung auch tatsächlich ausüben. Nicht anzugeben sind hingegen solche Personen, die eigeninitiativ und gegebenenfalls ohne nähere Kenntnis der hinter der Interessenvertretung stehenden Organisation aktiv werden. Mit der damit einhergehenden Erweiterung des Kreises der Eintragungspflichtigen wird dem praktischen Bedürfnis Rechnung getragen, auch Personen, die nicht Beschäftigte der Organisation sind, einzubeziehen, wie ehrenamtlich mit Interessenvertretung beauftragte Mitglieder eines Vereins, Angehörige eines erweiterten Vorstands oder kooptierte Vorstandsmitglieder und möglicherweise Aufsichtsräte, soweit eine Betrauung mit Interessenvertretung nicht qua Funktion als Aufsichtsrat ausgeschlossen ist.

Bei den in diesem Zusammenhang zu nennenden natürlichen Personen ist zudem anzugeben, ob bei ihnen ein Mandat, ein Amt oder eine Funktion in Bundestag (z.B. Abgeordnete), Bundesregierung (z.B. Regierungsamt) oder Bundesverwaltung (z.B. Beschäftigungsverhältnis, auch Praktikantenverhältnisse o.ä.) aktuell besteht oder in den letzten fünf Jahren bestanden hat sowie ggf. den Zeitpunkt der Beendigung dieser Tätigkeit (Monat/Jahr). Auf diese Weise soll erstmals das Ausmaß des sog. „Drehtüreffekts“ im Bereich der Interessenvertretung öffentlich sichtbar gemacht werden. Gerade solche Personen sind in der Regel aufgrund der aktuellen oder vorangegangenen Tätigkeiten politisch sehr gut vernetzt und kennen regelmäßig in besonderem Maße die Mechanismen, die geeignet sind, erfolgreich Einfluss auf Gesetzgebungstätigkeiten oder Entscheidungen der Bundesregierung zu nehmen.

Erstmals inhaltliche Angaben zur Interessenvertretung

Ebenfalls neu sind die erforderlichen inhaltlichen Ausführungen mit dem Ziel, die Interessenvertretung noch transparenter zu gestalten. Diese beinhalten nicht nur eine konkrete Beschreibung der Tätigkeiten, die zum Zweck der Interessenvertretung ausgeübt werden, wie beispielsweise Gespräche mit Vertretern* des Bundeskanzleramtes und der Bundesministerien sowie mit Mitgliedern des Deutschen Bundestages und deren grobe Themenfelder (z.B. Beschäftigte, Fachkräftemangel, Ausbildung, Lieferketten, Nachhaltigkeit) oder parlamentarische Abende und Diskussionsveranstaltungen, zu denen Regierungsmitglieder, Abgeordnete sowie Vertreter der Ministerien eingeladen werden.

Vielmehr sind auch alle aktuellen, geplanten oder angestrebten Regelungsvorhaben (mit Drucksachennummer, sofern vorhanden) zu benennen, sofern sich die Interessenvertretung auf konkrete Vorschläge zur Änderung, Abschaffung oder Einführung rechtlicher Regelungen bezieht. Darüber hinaus ist zu jedem Regelungsvorhaben anzugeben, welche Interessen- oder Vorhabenbereiche betroffen sind und auf die Änderung welcher geltenden Gesetze sich die Interessenvertretung gegebenenfalls bezieht. Werden in diesem Zusammenhang grundlegende Stellungnahmen und Gutachten abgegeben, die nicht ohnehin allgemein zugänglich sind oder innerhalb formalisierter Beteiligungsverfahren (Gesetzgebungsverfahren, Ausschüsse) veröffentlicht werden, sind diese unter Angabe des Zeitpunkts der Abgabe und einer abstrakten Bezeichnung der Adressaten auf der Website des Lobbyregisters hochzuladen. Hierdurch soll die Öffentlichkeit besser nachvollziehen können, mit welchen Argumenten und Zielvorstellungen sich der Interessenvertreter an die Adressaten gewandt hat.

Umfassende und verpflichtende Angaben zu den Finanzen

Weitreichende Änderungen betreffen den Bereich der Finanzangaben. In diesem Zusammenhang sind nunmehr verpflichtend anzugeben:

  • Beginn und Ende des laufenden sowie des letzten und des vorletzten abgelaufenen Geschäftsjahres (Tag genau);
  • Anzahl der Beschäftigten im Bereich der Interessenvertretung in Vollzeitäquivalenten, d.h.die Summe der Arbeitsstunden der jeweiligen Beschäftigten im Bereich Interessenvertretung geteilt durch die Durchschnittliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitsplatzes innerhalb der jeweiligen Organisation (Vollzeit, in Stunden);
  • Hauptfinanzierungsquellen in absteigender Reihenfolge ihres Anteils an den Gesamteinnahmen;
  • Jährliche finanzielle Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung in Stufen von jeweils EUR 10.000, zusätzlich zur Gesamtheit der innerhalb des jeweiligen Geschäftsjahres im Bereich der Interessenvertretung angefallenen Kosten und unterteilt in fünf Kostengruppen:
  • Personalkosten
  • Infrastrukturkosten
  • Repräsentationskosten
  • Kosten für externe Beratungs- und Unterstützungsleistungen
  • Sonstige Kosten im Bereich der Interessenvertretung
  • Alle Arten von Zuwendungen und Zuschüssen der deutschen öffentlichen Hand, der EU, ihrer Mitgliedstaaten oder von Drittstaaten, die den Gesamtwert von EUR 10.000 bezogen auf einen Zuwendungsgeber in einem Geschäftsjahr übersteigen;
  • Gesamtsumme der Schenkungen und sonstigen lebzeitige Zuwendungen Dritter (auch Sponsoringleistungen!) in Stufen von EUR 10.000 und zusätzliche Angaben zu einzelnen Schenkungen, wenn sie den Gesamtwert von EUR 10.000 bezogen auf einen Geber in einem Geschäftsjahr und zusätzlich zehn Prozent bezogen auf die jährliche Gesamtsumme der Schenkungen und lebzeitigen Zuwendungen als Referenzgröße übersteigen;
  • Gesamtsumme der Mitgliedsbeiträge im Geschäftsjahr in Stufen von EUR 10.000 und zusätzliche Angaben bei Beitragszahlern, deren Beiträge den Gesamtwert von EUR 10.000 in einem Geschäftsjahr und zugleich zehn Prozent bezogen auf die jährliche Gesamtsumme der Mitgliedsbeiträge als Referenzgröße überschreiten;
  • Jahresabschluss oder Rechenschaftsbericht von juristischen Personen, Personengesellschaften und Einzelkaufleuten.

Die umfangreichen Finanzangaben, die neuerdings in manchen Bereichen erstmals verpflichtend sind, dienen mehrheitlich der Vereinfachung der Kontrollmöglichkeiten sowie der Angleichung an das EU-Transparenzregister, dem Lobbyregister auf EU-Ebene. Die Praxis hat sich in der Vergangenheit darüber beklagt, dass ohne eine verpflichtende Angabe zum jeweils maßgeblichen Geschäftsjahr, eine Kontrolle der Finanzangaben, insbesondere bezüglich der Einhaltung des Zeitpunkts der Aktualisierung, und eine damit gegebenenfalls einhergehende Verhängung von Bußgeldern nicht möglich ist. Mit den Kategorien der Hauptfinanzierungsquellen soll hingegen, wie im EU-Transparenzregister, auf einen Blick erkennbar werden, aus welchen Quellen sich der Interessenvertreter finanziert, sodass sich die Öffentlichkeit und die Adressaten ohne größere Recherche einen schnellen Überblick verschaffen können.

Die Wertgrenze für die Pflicht zur Angabe einer Zuwendung wurde im Gleichklang mit den nunmehr gesondert geregelten Schenkungen auf EUR 10.000 je Zuwendungsgeber und Geschäftsjahr abgesenkt. Die erforderlichen Angaben zu Schenkungen wurden in manchen Teilen an die Vorgaben des EU-Transparenzregisters angepasst, an anderer Stelle geht der Umfang der Einzelangaben – insbesondere die Angaben zur Gesamtsumme der Zuwendungen – über die Vorgaben des EU-Transparenzregisters hinaus. Auf diese Weise soll ein präziserer Eindruck ermöglicht werden, wie gerade nicht wirtschaftlich tätige Organisationen finanziell aufgestellt sind und ob die Finanzierung von einer Vielzahl von Zuwendungsgebern abhängt oder ob einzelne Geber hervorstechen und einen maßgeblichen Einfluss auf die Tätigkeit der Organisation ausüben können.

Lediglich singulär relevante Änderungen

Die neuerdings geforderte Angabe einer Hauptstadtrepräsentanz ist natürlich nur für diejenigen Unternehmen und Organisationen relevant, die über eine solche verfügen und deren Sitz nicht ohnehin Berlin ist. Gleiches gilt für die Aufschlüsselung der Mitgliederzahl nach natürlichen Personen sowie juristischen Personen, Personengesellschaften oder sonstigen Organisationen, die lediglich für mitgliedschaftlich organisierte Organisationen gilt.

Umfangreiche Angaben zu den Auftragsverhältnissen sind ebenfalls nur für den Fall relevant, dass nicht nur eigene Interessen wahrgenommen, sondern auch fremde Interessen im Auftrag vertreten werden. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass diese Art der Interessenvertretung eine besondere Herausforderung für die Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität der Lobbyarbeit darstellt.

Rechtzeitiges Tätigwerden geboten

Die Änderungen des LobbyRG stellen die Registrierungspflichtigen vor die Aufgabe, umfangreiche weitere Angaben in das Lobbyregister eintragen zu müssen. Anders als bislang besteht die Möglichkeit zur Verweigerung – gerade in Bezug auf Finanzangaben – nicht mehr. Dieser Umstand gepaart mit der empfindlichen Bußgeldbewehrung von Verstößen gegen die Eintragungspflicht sollte die betreffenden Unternehmen und Organisationen zum rechtzeitigen Tätigwerden motivieren. Gerade die bei den einzelnen Mitarbeitern abzufragenden Angaben nehmen erhebliche zeitliche Ressourcen in Anspruch und fast die Hälfte der Migrationsfrist ist bereits abgelaufen.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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