Gibt es ein Eigentum an Daten ? Können überhaupt Ausschließlichkeitsrechte bestehen und wenn ja zu wessen Gunsten? Wir zeigen die Rechtslage auf!
Die Digitalisierung verschiedenster Lebensbereiche führt zu rasant wachsenden Datenmengen mit großem wirtschaftlichen Potenzial. Das New Yorker Start-up „Datacoup″ will nun die Verbraucher, also die „Datengeneratoren″, finanziell am Geschäft mit den Daten beteiligen: „Sell Your Data″ lautet der Slogan.
Für Account-Daten in sozialen Netzwerken sowie Kreditkartenabrechnungen will das Unternehmen acht Dollar pro Monat bezahlen. Ein Modell, das suggeriert, die Nutzer seien Eigentümer der Daten.
Sacheigentum und Geistiges Eigentum an Daten?
Das deutsche Recht kennt zwei Arten von Ausschließlichkeitsrechten: das Sacheigentum im Sinne von § 903 S.1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und das so genannte „Geistige Eigentum″, also das Immaterialgüterrecht (Patent-, Marken-, Urheberrecht etc.).
Beide Arten des Eigentums wollen für Daten nicht so recht passen.
Eigentum im Sinne des BGB gibt es nur an Sachen, also an „körperlichen Gegenständen″ (Sachbegriff des § 90 BGB). Daten und Informationen sind hingegen immaterieller Natur. Es fehlt ihnen an Körperlichkeit.
Während die Exklusivität des Sacheigentums in der Natur der Sache liegt – körperliche Gegenstände können schließlich nur von einem oder wenigen gleichzeitig genutzt werden – ist dies bei Immaterialgüterrechten anders. Sie beinhalten typischerweise unbegrenzt reproduzierbare Informationen und sind damit nicht schon von Natur aus exklusiv. Daraus folgt, dass der Anwendungsbereich von Immaterialgüterrechten erst durch das Gesetz selbst bestimmt werden muss.
Weil Daten aber nicht in den Anwendungsbereich eines bestehenden Immaterialgüterrechts fallen, kann an ihnen auch kein „Geistiges Eigentum″ begründet werden. Aus Sicht des „Datenkollektors″ wäre allenfalls an das Sui-generis-Recht des Datenbankherstellers im Sinne von §§ 87 a ff. UrhG zu denken. Hierunter fallen allerdings nur systematisch oder methodisch angeordnete Daten, die einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel zugänglich sind und deren Beschaffung, Darstellung und Überprüfung eine wesentliche Investition erfordert. Big Data im Sinne einer rein ungeordneten Datensammlung erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
Nun bliebe die Möglichkeit, Dateneigentum über eine Analogie zum Sacheigentum, also zu § 903 BGB, zu konstruieren. Eine solche Analogie würde allerdings neben einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz auch eine vergleichbare Interessenlage voraussetzen. In der Literatur wird eine Analogie zum Sacheigentum teilweise als „geboten und möglich″ erachtet, so zum Beispiel Hoeren, der als denkbares Zuordnungskriterium den eigentlich aus dem Strafrecht stammenden Begriff des „Skripturakts″ nennt. Ob sich hierfür Anhänger finden lassen, bleibt abzuwarten. Die herrschende Meinung lehnt eine solche Analogie jedenfalls mangels vergleichbarer Interessenlage ab.
Ein Ausschließlichkeitsrecht an Daten entsprechend der bestehenden Immaterialgüterrechte zu konstruieren erweist sich ebenfalls als problematisch, legt doch das Gesetz explizit die Grenzen der bestehenden Immaterialgüterrechte fest. Dahinter steht eine bewusste Abwägung des Gesetzgebers zwischen der Schutzwürdigkeit immaterieller Güter zugunsten des Einzelnen und dem Interesse der Allgemeinheit an deren Gemeinfreiheit, die es – gerade auch im Sinne der technischen Weiterentwicklung und des Fortschritts – zu respektieren gilt.
Kein Eigentum an Daten – was nun?
Wenn aber Daten nicht eigentumsfähig sind, welche gesetzlichen Anforderungen sind dann im Rahmen der Auswertung und Kommerzialisierung großer Datenmengen zu beachten?
Fest steht, dass es nach geltendem Recht unterschiedliche Regelungen gibt, die Daten vor unberechtigtem Zugriff schützen: Geht es um personenbezogene Daten greifen unter anderem das BDSG oder das TKG (§§ 96 ff. TKG). Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse werden durch das Straf- und Deliktsrecht sowie das UWG geschützt. Auch bei unberechtigter Zerstörung von Daten stehen dem Berechtigten ggf. Abwehrrechte aus dem Straf- und Deliktsrecht zu.
Um Daten rechtssicher verwerten und kommerzialisieren zu können, bedarf es folglich umfassender vertraglicher Regelungen zwischen Nutzern und Unternehmen. Ob sich Nutzer entsprechende vertragliche Vereinbarungen künftig durch eine Art Lizenzgebühr vergüten lassen werden, bleibt abzuwarten. Geschäftsideen wie „Sell Your Data″ treffen jedenfalls den Nerv der Zeit, weil sie den Nutzern das Gefühl von Transparenz verschaffen und gleichzeitig das Bewusstsein für den Wert der „eigenen″ Daten schärfen.
In einem Wirtschaftssystem wie dem unseren, in dem sowohl das Marketing als auch das Produktangebot mehr und mehr auf die ganz individuellen Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten wird, können Geschäftsmodelle, die auf intransparentem Umgang mit Daten fußen, und damit das Vertrauen der Endkunden beschädigen, auf Dauer nicht erfolgreich sein. Die Zukunft von Big Data wird daher im verantwortungsvollen und nachhaltigen Umgang mit Daten liegen. Das Motto der diesjährigen CeBIT (10.-14. März) heißt „Datability″ und bringt diesen Trend sehr gut auf den Punkt. Das Kunstwort soll nicht nur auf das Potenzial, das in der Auswertung großer Datenmengen liegt, anspielen, sondern auch auf „Sustainability″, also Nachhaltigkeit und „Responsibility″, sprich den verantwortungsvollen Umgang mit den Daten.