Die Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums ist ein komplexes Verfahren. Wir geben einen Überblick über Chancen und Risiken.
Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind Formen der gemeinschaftlichen medizinischen Leistungserbringung. Sie bieten die Möglichkeit der Flexibilisierung von Arbeitsplätzen im Bereich der medizinischen Leistungserbringung etwa mittels Teilzeitmodellen oder geringeren Wechselhemmnissen. Daneben soll der Leistungsempfänger mittels MVZ in den Genuss eines besonderen Versorgungsangebots in Gestalt der „Versorgung unter einem Dach“ kommen. Die Gründung eines MVZ ist ein komplexes Verfahren, in dem sowohl gesellschaftsrechtliche als auch medizinrechtliche Aspekte zu bedenken sind.
Haftungsrisiken mit GmbH vermeiden
Leistungserbringern ist die Gründung eines MVZ zu empfehlen, zum Beispiel um Investitionen in medizinische Großgeräte langfristig nutzen zu können. Mit Investitionen verbundene persönliche Haftungsrisiken können mit einer GmbH vermieden werden. Aufgrund von Haftungsbeschränkung und eigener Rechtspersönlichkeit ist in diesem Zusammenhang die Gründung eines MVZ in Form einer GmbH durchaus interessant.
Zweck einer solchen MVZ-Betreibergesellschaft ist regelmäßig die Erbringung ärztlicher Leistungen durch angestellte Ärzte. Neben der GmbH ist es auch denkbar, ein MVZ mittels Personengesellschaft, eingetragener Genossenschaft oder – für den Fall kommunaler Trägerschaft – mittels Eigen- oder Regiebetrieb zu betreiben.
Gesellschafterstruktur eines MVZ ist reglementiert
Gesellschafter dieser MVZ-Betreibergesellschaft müssen entweder zugelassene Ärzte, Plankrankenhäuser, Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen, gemeinnützige Träger, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder Kommunen (sprich: Städte, Gemeinden, Landkreise) sein. Ob auch MVZ selber Träger von MVZ sein dürfen, wird derzeit gerichtlich geprüft (LSG Hessen, Az. 4 KA 20/14).
Finanziell orientierte Investoren können sich nicht direkt an einer MVZ-Betreibergesellschaft beteiligen. In Frage kommt aber die mittelbare Beteiligung über ein Plankrankenhaus als Gesellschafter einer MVZ-Betreibergesellschaft.
Geschäftsführung durch ärztlichen Leiter
Der ärztliche Leiter eines MVZ muss im MVZ selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein und ist in medizinischen Fragen nicht weisungsgebunden. Zumindest in Bezug auf die medizinischen Entscheidungen untersteht das MVZ also ausschließlich medizinischer Leitung. In anderen Management-Bereichen ist eine Leitung durch „fachfremde″ Nichtmediziner denkbar.
Zulassung von Kassenarztsitzen – Einbringung von Vertragsarztsitzen in das MVZ
Der Betrieb eines MVZ setzt Leistungserbringung durch mindestens zwei Kassenarztsitze voraus. Fachgleiche MVZ, bei dem die Leistungserbringer dem gleichen Fachbereich entstammen, sind seit dem Versorgungsstärkungsgesetz nunmehr möglich. Diskutiert wird derzeit, ob ein MVZ auch aus zwei halben Versorgungsaufträgen gebildet werden kann.
Im Hinblick auf das Bedarfsplanungsrecht wird die kassenärztliche Zulassung von MVZ einschließlich der Genehmigung der dort tätigen angestellten Ärzte wie die Zulassung von Vertragsärzten behandelt. Daher erlangen MVZ in gesperrten Planungsbereichen nicht ohne weiteres eine kassenärztliche Zulassung. Eine MVZ-Gründung in aufgrund von Überversorgung gesperrten Planungsbereichen – insb. Ballungszentren – ist unter folgenden Umständen möglich:
-
Anstellung eines Kassenarztes unter Verzicht auf seine vertragsärztliche Zulassung
Das MVZ stellt Ärzte an, die bisher eine Vertragsarztzulassung im überversorgten Planungsbereich innehaben. Diese Ärzte werden nun unter Verzicht auf ihre bisherige Zulassung zu Gunsten des anstellenden MVZ in besagtem MVZ tätig. Die bisherigen Kassenärzte nehmen ihre Zulassung also quasi mit und „übertragen″ sie auf das MVZ. In der Regel ist diese Übernahme des Sitzes mit einem Kaufpreis verbunden. Im weiteren Verlauf ist eine vereinfachte Nachbesetzung möglich, die nicht einer Auswahl des Zulassungsausschusses unterliegt, sondern die Auswahl des Nachfolgers dem MVZ überlässt. Im Einzelnen ist die minimale Verbleibenszeit des übertragenden Kassenarztes, bevor eine vereinfachte Nachbesetzung möglich ist, noch unklar.
-
Praxisfortführung nach Übertragung
Ein MVZ kann sich, wie jeder andere Leistungserbringer auch, auf die Überleitung eines Kassenarztsitzes im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens in dem betreffenden überversorgten Planungsbereich bewerben. Das MVZ könnte bei der Auswahlentscheidung für sich geltend machen, mit Übernahme des Sitzes werde sein Versorgungsangebot ergänzt (wir berichteten bereits zur Praxisnachfolge). Nunmehr ist zu beachten, dass das MVZ für das Auswahlverfahren dem Zulassungsausschuss keinen neu anzustellenden Arzt präsentieren muss, der für die Übernahme der ärztlichen Tätigkeit des ausscheidenden Arztes geeignet ist. Vielmehr kann es sich als Leistungserbringer auf Überleitung des Kassenarztsitzes selbst bewerben. Die Leistungserbringung aufgrund der kassenärztlichen Zulassung darf allerdings nicht länger als sechs Monate unterbleiben, ansonsten droht der Entzug der Zulassung.
Perpetuierung der kassenärztlichen Zulassung
Da das MVZ als Rechtsträger – unabhängig vom angestellten Arzt – Inhaber des Kassenarztsitzes ist, geht die Zulassung nicht mit Ausscheiden eines angestellten Arztes unter. Vielmehr kann die Stelle eines ausscheidenden Angestellten auch dann, wenn der Planungsbereich wegen Überversorgung gesperrt ist, wiederholt nachbesetzt werden. Hierbei muss nicht das für die Praxisnachfolge vorgesehene Auswahlverfahren vor dem Zulassungsausschuss durchgeführt werden, sondern der neu anzustellende Arzt wird durch das MVZ ausgewählt und das MVZ muss beim Zulassungsausschuss die Genehmigung der Zulassung einholen.
Stets zu bedenken ist, Zulassung und Genehmigung der Anstellung sind statusbegründende Akte. Das heißt: keine Leistung ohne Genehmigung oder Zulassung.