Ein ungeregelter Brexit würde Schutzlücken bei den einheitlichen Schutzrechten der EU bedeuten. Die Konsequenzen und die Möglichkeiten erfahren Sie hier.
Am 23. Juni 2016 wird im Vereinigten Königreich ein Referendum über den Verbleib in der Europäischen Union stattfinden.
Wie der Austritt von statten gehen kann und welche Auswirkungen auf das EU-Recht denkbar sind, haben wir in unserem Überblick zur Brexit-Debatte zusammengefasst. Offen ist die Frage, welche Konsequenzen der Brexit für den Schutz von geistigem Eigentum hätte.
Austrittsabkommen oder zwei Jahre Übergangszeit
Jeder Mitgliedstaat hat das Recht aus der Europäischen Union auszutreten (Art. 50 Abs. 1 Vertrag über die Europäische Union (EUV)). Erklärt ein Mitgliedstaat gegenüber der EU die Absicht auszutreten, hat der austrittswillige Mitgliedsstaat die Pflicht mit der EU in Verhandlungen über ein Austrittsabkommen einzutreten (Art. 50 Abs. 2 EUV), in welchem die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem austretenden Mitgliedsstaat geregelt werden.
Das Vereinigte Königreich würde seinen Status als Unionsmitglied ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder, falls kein Abkommen zustande kommt, zwei Jahre nach der Mitteilung der Austrittsabsicht verlieren. Die Verträge, Verordnungen und Richtlinien der EU hätten im Vereinigten Königreich ab dann keine Rechtswirkung mehr.
Konsequenzen für die Unionsmarke
Möglich wäre eine Vereinbarung im Austrittsabkommen über die Fortgeltung der Unionsmarkenverordnung mit dem Vereinigten Königreich. Der Schutzbereich der Unionsmarke würde in diesem Fall nach einem Brexit das Vereinigte Königreich umfassen.
Wenn kein Austrittsabkommen zustande kommt, würden die Unionsmarken ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Austritts keinen Markenschutz mehr im Vereinigten Königreich genießen.
Möglicherweise wird der britische Gesetzgeber in diesem Fall veranlassen, dass die bereits bestehenden Unionsmarken in nationale britische und inhaltlich identische Marken umgewandelt werden. Der Zeitrang könnte dabei erhalten bleiben. Diese Vorgehensweise erscheint realistisch, da dadurch die durch einen Brexit entstehende Schutzlücke geschlossen werden kann und das Vereinigte Königreich gleichzeitig die alleinige Souveränität über den Markenschutz auf seinem Territorium erlangt.
Konsequenzen für das Gemeinschaftsgeschmacksmuster
Für das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster bestehen die gleichen Szenarien wie für die Unionsmarke.
Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster hat nur eine maximale Schutzdauer von drei Jahren. Die Vereinbarung des Fortbestands bereits existierender, nicht eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster wäre eine sinnvolle Lösung.
Im Gegensatz zu Deutschland gibt es ein „British unregistered design″. Demnach wäre auch die Einschränkung des Schutzbereichs des Gemeinschaftsgeschmacksmusters unter Schaffung eines inhaltlich gleichen „British unregistered design″ eine Möglichkeit.
Konsequenzen für Europäische Patente
Der Schutzumfang der Europäischen Patente würde sich durch einen Brexit nicht verändern, da die Europäische Patentorganisation keine Organisation der Europäischen Union ist.
Konsequenzen für das europäische Einheitspatent
Der Brexit hätte erhebliche Auswirkungen auf das neue einheitliche Patentsystem der EU. Damit das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht (EPGÜ) in Kraft treten kann, müsste das Vereinigte Königreich diesem als Vertragsmitgliedstaat zwingend zustimmen.
Wenn die Briten für einen Brexit stimmen, wird das Vereinigte Königreich dem EPGÜ wohl nicht mehr zustimmen, da es nicht mehr dauerhaft am Einheitspatentsystem der EU teilnehmen kann. Das EPGÜ könnte dann bis zur Verhandlung eines Übereinkommens, welches auch ohne Mitwirkung des Vereinigten Königreichs ratifiziert werden kann, nicht in Kraft treten.
Schutzlücken bei Brexit vermeiden
Entscheiden sich die Briten für den EU-Ausstieg, folgen zunächst Austrittsverhandlungen und der Ausstieg könnte sich um mindestens zwei Jahre hinziehen.
Die Ausstiegsverhandlungen müssten genau beobachtet werden: Bei einem ungeregelten Brexit entstehen Schutzlücken bei den einheitlichen Schutzrechten der EU, da diese das Territorium des Vereinigten Königreichs nicht mehr umfassen würden. Um Schutzlücken entgegen zu wirken, könnte in diesem Fall rechtzeitig ein neues nationales britisches Schutzrecht angemeldet werden oder der Schutz auf internationaler Ebene gesichert werden.
Klar ist, dass ein Brexit auch im Bereich des Geistigen Eigentums zu Unsicherheiten führen würde und auch für diesen Bereich deshalb auf ein „Bremain″ zu hoffen ist.