26. April 2017
Plain Packaging
Markenrecht

Plain Packaging – Einheitsverpackung bei Zigaretten und das Markenrecht

Die Verpflichtung zur Verwendung von Einheitsverpackungen („Plain Packaging“) bei Zigaretten kann erhebliche Auswirkungen auf die Rechte der Hersteller haben, insbesondere auf die Markenrechte.

Die Werbung für Zigaretten und Tabakprodukte ist wegen der mit dem (grundsätzlich erlaubten) Tabakkonsum verbundenen Gesundheitsgefahren in vielen Ländern Beschränkungen unterworfen. In Deutschland sind Zigarettenhersteller seit dem 20. Mai 2016 verpflichtet, sogenannte Schockbilder kombiniert mit Warnhinweisen auf die Zigarettenverpackungen zu drucken.

Einigen Ländern genügt die Verpflichtung zur Benutzung von Schockbildern aber nicht. Sie führen sogenannte Einheitsverpackungen (plain packaging) ein. Auf diesen Verpackungen dürfen keine Bild- und keine Wort-/Bildmarken mehr zu sehen sein. Die Hersteller dürfen ihre Wortmarke lediglich in einheitlicher Schrift auf einer olivgrünen/braunen Verpackung abdrucken. Vorbei ist es also mit dem Lucky-Strike-Logo, dem Marlboro-Dach, dem markanten Davidoff-Schriftzug oder dem Camel-Kamel.

In vielen Ländern hat die Einheitsverpackung bereits Einzug gehalten

Vorreiter dieser Einheitsverpackung ist Australien. Dort hat man sich bereits im Jahre 2011 für diesen Weg entschieden, im Jahr 2012 trat das Gesetz zur Einheitsverpackung in Kraft. Weitere Länder ziehen nach: In UK und Frankreich sind ebenfalls entsprechende Gesetze in Kraft getreten. Daher dürfen in Frankreich seit Januar 2017 nur noch Einheitsverpackungen verkauft werden. In UK wird es dann ab dem 20. Mai 2017 nur noch Einheitsverpackungen geben; bis dahin müssen auch die Restbestände alter Zigarettenverpackungen abverkauft sein.

Ungarn, Irland, Neuseeland, Norwegen, Slowenien und Rumänien haben ebenfalls entsprechende Gesetze verabschiedet, und in vielen weiteren Ländern wie zum Beispiel Belgien, Kanada und Singapur werden Gesetze zum „plain packaging″ ernsthaft in Betracht gezogen.

Kein Plain Packaging auf EU-Ebene

Auf EU-Ebene gibt es derzeit keine Bestrebungen für alle Mitgliedstaaten verbindlich Einheitsverpackungen einzuführen. Auch die im Jahr 2014 verabschiedete EU-Tabakrichtlinie (2014/40/EU) sieht keine Einheitsverpackung vor. Nach der Richtlinie werden die Mitgliedsstaaten lediglich dazu gezwungen, kombinierte Schockbilder mit aufklärenden Texten auf den Zigarettenverpackungen einzuführen. Die Richtlinie ermöglicht den Mitgliedsstaaten in Artikel 24 jedoch strengere Maßnahmen bezüglich der Verpackung zu ergreifen.

Frankreich und UK sind bislang die einzigen EU-Mitgliedsstaaten, in denen Gesetze zur Einheitsverpackung bereits in Kraft sind. Erst kürzlich haben auch die Gerichte in beiden Ländern entschieden, dass die Einheitsverpackung rechtmäßig ist. In UK hat der Court of Appeal im November 2016 das Gesetz für rechtmäßig erachtet. Erst vor wenigen Tagen hat der Supreme Court in UK entschieden, dass die Entscheidung des Court of Appeal nicht mehr angegriffen werden kann. In Frankreich bestätigte der Conseil d’État im Dezember letzten Jahres, dass dem Inkrafttreten des Gesetzes keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken entgegenstehen.

Gesundheitsschutz vs. Markenrecht

Die Verfassungsgerichte der Länder rechtfertigen die strenge Gesetzgebung mit dem hohen Gut der Gesundheit. Die Gesundheit der Bevölkerung wiege schwerer als das Recht der Zigarettenhersteller, nicht nur Markennamen, sondern auch die z.T. über lange Jahre etablierten Logos und Schriftzüge auf den Zigarettenverpackungen zu platzieren. Ungeachtet der grundlegenden Abwägung zwischen Bedürfnissen des Gesundheitsschutzes und den Rechten von Zigarettenherstellern kann jedenfalls das Instrument der verpflichtenden Einheitsverpackung zu erheblichen Problemen im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung und der Werthaltigkeit der Markenrechte von Zigarettenherstellern führen.

Markenrechtlicher Benutzungszwang als Herausforderung

Sowohl die nationalen Rechtsordnungen als auch das Unionsrecht sehen Regelungen vor, nach denen Inhabern von Marken ein ausschließliches Recht zusteht. Zum Erhalt dieses Rechts müssen Markeninhaber jedoch ihre Marken spätestens nach einer Benutzungsschonfrist von fünf Jahren rechtserhaltend benutzen. Kommt der Markeninhaber diesem Benutzungszwang nicht nach, können Dritte die Löschung der Marke verlangen.

Inhaber von Zigarettenmarken haben bei einer verpflichtenden Einheitsverpackung nicht mehr die Möglichkeit, ihre teilweise sehr bekannten Marken auf die Verpackungen der Zigaretten aufzudrucken. Die Inhaber dürfen lediglich ihre Wortmarke rechtserhaltend benutzen. Eine über Jahrzehnte durch enormen Werbeaufwand bekannt gewordene Bild- oder Wort-/Bildmarke hingegen kann innerhalb von 5 Jahren löschungsreif werden, ohne dass die Markeninhaber dagegen etwas unternehmen könnten.

„Berechtigte Gründe″ für Nichtbenutzung?

Der Conseil d’État hat dieses Problem auch gesehen, hält es aber für markenrechtlich weniger problematisch. Nach seiner Auffassung liegen in einem solchen Fall „berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung″ vor.

Dies mag zwar die markenrechtlichen „Sanktionen″ der Nichtbenutzung (also die mögliche Löschung) verhindern, hat aber keinen Einfluss auf einen wesentlichen wirtschaftlichen Aspekt der Markennutzung: Denn eine Marke verliert nicht nur durch die kontinuierliche Nichtbenutzung zunehmend an Wert, sondern vor allem durch das fortwährende Verbot ihrer Benutzung. Die Inhaber mögen nach der von den Gerichten vertretenen Ansicht zwar ihr Markenrecht behalten. Allerdings kann durch ein Benutzungsverbot aus einer ursprünglich bekannten und deshalb sehr wertvollen Marke eine in der Praxis nicht benutzbare und damit wertlose Registermarke entstehen. Unbeachtet lassen die Gerichte also, dass die Markeninhaber eine bekannte Marke zu ihrem Unternehmensvermögen zählen können, die aufgrund des Benutzungsverbotes Jahr für Jahr an Bekanntheit und damit auch an Wert verliert – bis sie letztlich als bloße Registermarke irgendwann vollständig ihre Bedeutung verloren hat.

Eingriff in Eigentumsrechte durch Plain Packaging

Nicht nur jedes physische Betriebsmittel sondern auch eine Marke ist Bestandteil des Unternehmensvermögens. Je bekannter eine Marke ist, desto höher ist in der Regel ihr Wert. Die Marken der Zigarettenhersteller sind zum Teil weltweit berühmt und entsprechend wertvoll. Mit den neuen Regelungen zum Plain Packaging aber dürfen die Inhaber bestimmte Marken in Bezug auf Zigaretten nicht mehr uneingeschränkt benutzen.

Dies stellt einen Eingriff in die grundrechtlich geschützten Eigentumsrechte (Rechte am geistigen Eigentum) der Markeninhaber dar. Zur Rechtfertigung dieses Eingriffs wird man die Gesundheit der Bevölkerung als schützenswertes Gut anführen können und zwischen den Rechten der Tabakindustrie und der Gesundheit der Bevölkerung abwägen müssen. Ob dies allerdings eine entschädigungslose Entwertung wertvoller Vermögensbestandteile rechtfertigen kann, ist jedenfalls nach den Maßstäben deutschen Rechts zweifelhaft.

WTO soll über Rechtmäßigkeit entscheiden

Es bleibt abzuwarten, welche Länder dem Modell der Einheitsverpackung ebenfalls folgen werden und ob ein Gericht die Einschränkung der Rechte der Zigarettenmarkeninhaber für zu schwerwiegend erachtet. Das letzte Wort zum Thema Plain Packaging scheint hier noch nicht gesprochen. Die Welthandelsorganisation (WTO) ist wegen der australischen Regelung bereits angerufen worden und soll nun beurteilen, ob die Regelungen in Australien zur Einheitsverpackung gegen völkerrechtliche Vereinbarungen verstoßen. Denn die Gesetze zu den Einheitsverpackungen könnten die Regelungen des TRIPS-Abkommens (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums) verletzen. Eine Entscheidung der WTO ist allerdings nicht vor Mai 2017 zu erwarten.

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