Unternehmensnachfolge: Worin liegen die Vorzüge einer Familienstiftung und worauf sollte der potentielle Stifter achten? Mehr erfahren Sie hier.
Unter den aktuell rund 21.000 rechtsfähigen Stiftungen in Deutschland befinden sich schätzungsweise 500 bis 800 Familienstiftungen. Deren Hauptzweck ist die Förderung des Wohles einer bestimmten Familie. Aufgrund wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und rechtlicher Veränderungen rückt die Familienstiftung bei der Nachfolgegestaltung in letzter Zeit stärker in den Fokus von Unternehmern und vermögenden Familien.
Doch worin liegen die Vorzüge einer Familienstiftung, was sind die Anwendungsfälle und worauf sollte der potentielle Stifter achten?
Wesen und Vorzüge der Familienstiftung
Hochrechnungen zufolge stehen in Deutschland jährlich ca. 27.000 Nachfolgen in Familienunternehmen an. Ein Nachfolger für die operative Leitung ist aus dem Familienkreis zugleich seltener verfügbar, sei es aufgrund rückläufiger Geburtenraten, einer anderweitigen Lebensplanung oder der (noch) fehlenden Leitungserfahrung der nachfolgenden Generation. Kommt für den Unternehmer ein Verkauf an einen strategischen Investor oder einen Finanzinvestor nicht in Betracht, sollte er die Errichtung einer Familienstiftung in seine Überlegungen einbeziehen. Dadurch kann die Fortführung des Unternehmens nach seinen gewachsenen Wertvorstellungen sichergestellt und die Identifikation zwischen Unternehmen und Familie erhalten werden.
Die rechtsfähige Familienstiftung ist eine eigenständige Rechtspersönlichkeit, die mithilfe des ihr zugewendeten Vermögens den bei Errichtung der Stiftung festgelegten Willen des Stifters dauerhaft verwirklicht und das Wohl der Familie fördert. Die Stiftung hat keine Mitglieder oder Anteilseigner und ist daher in ihrem Bestand über Generationsgrenzen hinweg von Erbgängen unabhängig und allein dem stetigen Willen des Stifters verpflichtet. Das Unternehmen ist dadurch vor einer Zersplitterung der Beteiligung geschützt und in der beständigen Hand der Stiftung konzentriert. Durch vorausschauende Gestaltung wird zudem ein Schutz des Unternehmens vor Pflichtteilsansprüchen und Scheidungsfolgen innerhalb der Familie erreicht. Schließlich können der Unternehmensführung über Generationsgrenzen hinweg die Wertvorstellungen und Prinzipien des Stifters als Leitlinien zur Seite gestellt werden.
Die Versorgung und Unterstützung der Familienmitglieder wird aus den Erträgen des Unternehmens als Stiftungsleistungen nach den Vorgaben der Satzung und des Stifterwillens bewirkt.
Viele Gestaltungsmöglichkeiten bei der Gründung einer Familienstiftung
Die lebzeitige Errichtung der Familienstiftung geschieht durch Abschluss eines schriftlichen Stiftungsgeschäfts. Die Anerkennung erfolgt durch die zuständige Stiftungsbehörde am designierten Sitz der Stiftung. Im Stiftungsgeschäft werden der Stiftungszweck, der Name, der Sitz, die Organisation der Leitungsorgane und die Satzung der Stiftung festgelegt und der Stiftung werden Vermögenswerte zur Verwirklichung des Stiftungszwecks gewidmet.
Das Vermögen der Stiftung kann ganz oder teilweise aus einem Unternehmen (Unternehmensträgerstiftung) oder der Beteiligung an einer unternehmenstragenden Gesellschaft (Beteiligungsträgerstiftung) bestehen. Nach der Anerkennung der Stiftung überträgt der Stifter das gewidmete Vermögen auf die Stiftung. Das Unternehmen bzw. die Unternehmensbeteiligung scheidet damit aus dem Vermögen des Stifters aus und geht auf die Stiftung über. Die Stiftung handelt anschließend durch den Stiftungsvorstand als vertretungsberechtigtes Organ. Bei der Ausgestaltung der Organisationsverfassung besteht große Gestaltungsfreiheit.
Der Stifter kann u.a. Festlegungen zur Zahl der Mitglieder treffen. Er kann bestimmen, dass stets eine gewisse Zahl von Familienmitgliedern im Vorstand vertreten sein soll. Er kann daneben externe Berater als Vorstände vorsehen und objektive Qualifikationsmerkmale festlegen. Regelungen zur Vertretungsbefugnis und zur Wahl der Nachfolger können getroffen werden. Darüber hinaus kann sich der Stifter selbst Sonderrechte z.B. in Form von einer nicht entziehbaren Mitgliedschaft im Stiftungsvorstand, ein Mehrfachstimmrecht oder Zustimmungsvorbehalte sichern.
Dem Stifter steht es frei, zusätzliche Organe, wie einen überwachenden oder beratenden Stiftungsbeirat (oder auch Kuratorium, Stiftungsrat) zu installieren und diesem bestimmte Befugnisse und Aufgaben innerhalb der Familienstiftung zuzuweisen. Auf diese Weise kann eine wirkungsvolle interne Kontrolle des Stiftungsvorstandes, eine gezielte Einbeziehung externer Berater und die Teilhabe der Familie gestaltet werden.
Eine Stiftung kann sowohl unter Lebenden als auch durch Verfügung von Todes wegen errichtet werden. Ersteres hat den wesentlichen Vorteil, dass der Stifter durch sein Wirken in einem Organ der Stiftung diese noch entscheidend prägen kann. Diese Möglichkeit hat der Stifter bei einer Errichtung von Todes wegen nicht. Eine Stiftung von Todes wegen kommt daher eher als Auffanglösung für den Fall in Betracht, dass ein designierter Nachfolger nach dem Erbfall unerwartet ausfällt. Möchte sich der Stifter zu Lebzeiten noch nicht umfassend von dem vorgesehenen Stiftungsvermögen trennen, kann die Stiftung zunächst mit einem Teil des vorgesehenen Stiftungsvermögens zu Lebzeiten errichtet werden und die wesentliche Vermögensausstattung wird durch Verfügung von Todes wegen sichergestellt.
Agieren mit Weitblick
Da eine Stiftung von ihrem Wesen her auf einen dauerhaften Bestand ausgerichtet ist („Ewigkeitsgedanke″ der Stiftung) bedarf es einer besonders vorausschauenden Gestaltung, um der Familienstiftung die nötige Flexibilität zu verschaffen, damit sie auf lange Frist Sicht auf sich verändernde Umstände im Sinne des Stifters und zum Wohl des Unternehmens und der Familie regieren kann. Dies betrifft unter anderem die Frage zum Umgang der Stiftung mit der Unternehmensbeteiligung, der Zulässigkeit von Strukturveränderungen im Unternehmen, Vermögensumschichtungen sowie Satzungsanpassungen und Grundlagenänderungen der Stiftung selbst. Hier gilt es, mit Weitblick zu agieren.
Der langfristige Erfolg der Familienstiftung hängt schließlich in besonderem Maße davon ab, dass die Gestaltung an den individuellen Wünschen und Bedürfnissen des konkreten Stifters, seines Unternehmens und seiner Familie ausgerichtet ist. Nur maßgeschneiderte Lösungen garantieren einen beständigen Erfolg.
Wegen der stetig wachsenden Internationalisierung von Unternehmen, Familien und Vermögen sollten auch die Stiftungsrechtsordnungen anderer Staaten frühzeitig in die Erwägungen einbezogen werden. Unterschiede zum deutschen Stiftungsrecht sind zum Teil in der Flexibilität der Stiftungsstruktur und der steuerlichen Behandlung zu finden. Passen die Besonderheiten des internationalen Rechts zur individuellen Ausgangslage im Unternehmen und der Familie, kann sich der Unternehmer diese gezielt zu Nutzen machen.
Stiftung als Bindeglied zwischen Unternehmen und Familie
Im Fokus der Gestaltung einer Familienstiftung steht regelmäßig die Verknüpfung zwischen Unternehmen, Stiftung und Familie. Es sind klare Regelungen erforderlich, ob, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise eine Mitwirkung und Einflussnahme der Familie im bzw. auf das Unternehmen eröffnet sein soll. Geregelt werden sollte auch, wie die Erträge der Stiftung zum Wohl der Familie verwendet werden sollen.
Eine erste Grundsatzentscheidung besteht darin, ob sich die Familie in Form der Stiftung auf die Rolle des Gesellschafters beschränken oder ob ihr daneben eine aktive Rolle im Unternehmen in leitender oder beratender Funktion eröffnet sein soll. Ist eine aktive Position im Unternehmen gewünscht, kommen hierfür Positionen in der Unternehmensleitung oder in einem beratenden oder kontrollierenden Gremium auf Unternehmensebene in Betracht. Es gilt, objektive Vorgaben für den Zugang von Familienmitgliedern zu diesen Gremien zu gestalten.
Daneben ist zu regeln, in welchem Umfang der Familie eine Mitwirkung im Stiftungsvorstand eröffnet wird und wie die Willensbildung der Familie in Grundlagenentscheidungen der Stiftung erfolgen soll.
Auf beiden Ebenen ist es möglich, externe Experten und Berater einzubeziehen, um eine fachkundige Leitung der Familienstiftung und des Unternehmens langfristig zu sichern.
Klare Regelungen vermeiden Streitigkeiten innerhalb der Familie und schützen das Unternehmen. Zugleich bewahrt eine Teilhabe der Familie am unternehmerischen Geschehen die Identifikation der Familienmitglieder mit dem Unternehmen über Generationsgrenzen hinweg. Umgekehrt sorgt die Verbindung des Unternehmens mit der Familie für Beständigkeit und Kontinuität im Unternehmen und der öffentlichen Wahrnehmung.
Nicht zuletzt bietet eine gelungene Stiftungsgestaltung der Familie ein Forum für gegenseitigen Austausch und Begegnung und kann so zum Bindeglied zwischen Familienstämmen werden, wenn sich die Familie über Generationen hinweg stetig erweitert.
Familienstiftungen als vollwertige Alternative
Die Familienstiftung ist eine attraktive Gestaltungsalternative in der Unternehmensnachfolge. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Verkauf des Unternehmens nicht in Betracht kommt, aber ein Nachfolger für die operative Leitung innerhalb der Familie nicht unmittelbar verfügbar ist.
Mithilfe der Familienstiftung kann der Unternehmer den dauerhaften Bestand des Unternehmens sichern und nach seinen Wertvorstellungen über Generationsgrenzen für die Familie erhalten. Der langfristige Erfolg der Familienstiftung hängt im besonderen Maße von einer maßgeschneiderten Gestaltung nach den individuellen Bedürfnissen des Unternehmers und seiner Familie ab. Steuerliche Aspekte sollten bei der Unternehmensnachfolge nicht die allein maßgeblichen Einflussfaktoren sein, sondern die Bedürfnisse, Ziele und Wünsche des Unternehmers, der Familie und des Unternehmens sollten im Fokus stehen und steuerlich optimal umgesetzt werden. Steuerrechtliche Implikationen sind gleichwohl von großer Bedeutung, weshalb diese im Folgebeitrag gesondert beleuchtet werden.
Im Schnittbereich von Stiftungsrecht, Gemeinnützigkeitsrecht und allgemeinem Steuerrecht ergeben sich schließlich interessante Varianten, die stets in die Überlegungen einbezogen werden sollten, wie z.B. die Kombination einer gemeinnützigen Stiftung und einer Familienstiftung im Wege der sogenannten „Doppelstiftung″. Schließlich sollten auch die Möglichkeiten im internationalen Stiftungsrecht im Blick behalten werden.
Unsere Beitragsreihe stellt wichtige Aspekte rund um das Thema Unternehmensnachfolge dar. Angefangen mit dem Gesellschaftsvertrag, folgt der Unternehmensverkauf an Finanzinvestoren und an strategische Investoren sowie ein Beitrag zum möglichen Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen. Bei Fragen zögern Sie nicht, mit unserem Experten Herrn RA Dirk Schauer in Kontakt zu treten.