11. Mai 2015
Vergaberechtsmodernisierungsgesetz
Vergaberecht

Referentenentwurf des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes liegt vor!

Der mit Spannung erwartete Referentenentwurf des VergModG wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie der Verbändeanhörung zugeleitet.

Der mit Spannung erwartete Referentenentwurf des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes (VergModG) liegt mit Bearbeitungsstand 30. April 2015 vor und wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie der Verbändeanhörung zugeleitet.

Hintergrund der Novellierung des Vergaberechts ist die erforderliche Umsetzung der EU-Richtlinien 2014/24/EU, 2014/25/EU und 2014/23/EU. Das Ministerium nimmt dies zum Anlass für eine grundlegende Umstrukturierung. Ziel ist die Modernisierung des Vergaberechts durch die Schaffung einer anwenderfreundlichen Struktur, die Verringerung des bürokratischen Aufwands, den Ausbau kommunaler Handlungsspielräume, die Befugnis zur Berücksichtigung strategischer Ziele und mittelständischer Interessen, die möglichst vollständige Umstellung auf elektronische Kommunikation sowie eine wirksamere Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität.

Ausweitung der Regelungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

Kern des VergModG ist die komplette Neufassung des Teils 4 des GWB über die „Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen“. Eine Reihe von Regelungen wird aus der Vergabeverordnung (VgV) und den Vergabeordnungen hochgezont und im Gesetz geregelt. Der Teil 4 des GWB schwillt damit auf 90 Paragrafen an.

Es fragt sich einmal mehr, ob dieser Fremdkörper im GWB gerade im Hinblick auf das Ziel der Modernisierung nicht eher als eigenes Vergabegesetz geregelt werden sollte.

Vergaberechtsgrundsätze und Anwendungsbereich

Wie bisher werden die Vergaberechtsgrundsätze sowie der Anwendungsbereich des Vergaberechts geregelt. Beim Auftraggeberbegriff wird eine neue Struktur eingeführt, die zwischen öffentlichen Auftraggebern, Sektorenauftraggebern und Konzessionsauftraggebern unterscheidet (§§ 98 bis 102). Die Regelung zu den Auftragsarten unterscheidet öffentliche Aufträge, Rahmenvereinbarungen und Wettbewerbe (§ 103), verteidigungs- und sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge (§ 104) und Konzessionen (§ 105).

Die gewählte Systematik geht wohl davon aus, dass beispielsweise Rahmenvereinbarungen keine öffentlichen Aufträge sind. Die verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträge sind dagegen als spezielle öffentliche Aufträge geregelt. Auch die Definition der Konzession versteht diese als entgeltlichen Vertrag und macht sie damit zu einer besonderen Kategorie der öffentlichen Aufträge, obwohl die Gegenüberstellung der beiden Begriffe in sonstigen Vorschriften eine andere Systematik hätte erwarten lassen.

Die Regelung zu den allgemeinen Ausnahmen vom Anwendungsbereich wird insbesondere durch die Ausnahmen bei öffentlich-öffentlicher Zusammenarbeit ergänzt (§ 108), die durch die in den EU-Richtlinien erfolgte Kodifizierung der EuGH-Rechtsprechung zu Inhouse-Vergaben und zum kooperativen Zusammenwirken der öffentlichen Hand vorgegeben ist.

Neu im GWB: Regelungen über Durchführung der Vergabe öffentlicher Aufträge

Weitgehend neu im GWB sind die Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber. Im ersten Abschnitt finden sich die allgemeinen Bestimmungen zu den Verfahrensarten, die um die Innovationspartnerschaft erweitert wurden, sowie zu Leistungsbeschreibung, Eignung und Zuschlag, die bislang in den Vergabeordnungen geregelt waren.

In Einklang mit EU-Recht wird der strikte Vorrang des offenen Verfahrens gegenüber dem nicht offenen Verfahren aufgegeben (§ 119 Abs. 2). Im Hinblick auf die Eignung wird die Systematik der EU-Richtlinien übernommen, die die Zuverlässigkeit nicht als allgemeines Merkmal der Eignung versteht, sondern eine Reihe zwingender und fakultativer Ausschlussgründe festlegt (§§ 122 bis 124).

Ergänzt werden die Regelungen durch die in den Richtlinien vorgegebenen Anforderungen an die Selbstreinigung (§ 125), die bislang aus der Rechtsprechung abgeleitet werden mussten. In diesem Abschnitt umgesetzt sind auch die neuen Regelungen aus den Richtlinien zu Auftragsänderungen (§ 132) und zur Kündigung von öffentlichen Aufträgen (§ 133). Für den Sektoren-, den Verteidigungs- und Sicherheitsbereich sowie für Konzessionen wird in separaten Abschnitten jeweils eine Sonderregelung getroffen. Diese umfassen spezielle Regelungen sowie zahlreiche Verweise zu den allgemeinen Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge. Damit wird das sich aus den jeweiligen EU-Richtlinien vorgegebene eigenständige Regelungsregime ins deutsche Recht umgesetzt.

Freie Wahl zwischen den wettbewerblichen Verfahren für bestimmte Dienstleistungen

Art. 74 der Richtlinie 2014/24/EU sieht die Einführung eines vereinfachten Verfahrens für bestimmte Auftragsgegenstände vor. Damit sollte der Wegfall der Unterscheidung zwischen vor- und nachrangigen Dienstleistungen, die nach den alten Vergaberichtlinien galt, kompensiert werden. Hintergrund für diese Privilegierung ist, dass die in Anhang XIV der Richtlinie 2014/24/EU genannten Dienstleistungen oft personen- oder ortsgebunden sind und ihnen daher lediglich eine eingeschränkte grenzüberschreitende Dimension zukommt. Das VergModG greift dies in § 130 auf, der dem Auftraggeber für die Vergabe solcher Dienstleistungen die freie Wahl zwischen den wettbewerblichen Verfahren einräumt. Das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ist jedoch nur zulässig, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Insgesamt gesehen ist die Hochzonung von Vorschriften in das GWB zu begrüßen. Dies stellt einen ersten Schritt zur Überwindung der traditionellen Kaskadenstruktur dar, die mitunter zulasten einer systematisch homogenen Regelung ging. Man darf gespannt sein, wie der Entwurf in der Praxis aufgenommen und kommentiert wird.

Tags: Vergaberechtsgrundsatz Vergaberechtsmodernisierungsgesetz VergModG Wettbewerbsbeschränkung